Wendungen und Redensarten gibt es zur Genüge. Viele davon stammen aus dem Mittelalter. Hier erklären wir die Bedeutung von Sprichwörtern aus dem Bereich der Waffen und des Kampfes.
Redensart, jemanden „im Stich zu lassen“ – in einer kritischen Situation allein stehen zu lassen
Im 14. Jahrhundert änderte sich die Kriegsführung enorm, durch die Einführung von Kanonen. Ritter waren vor dieser Zeit die dominierende Macht auf dem Schlachtfeld. Es wurden aber nach und nach immer mehr sogenannter Pikeniere eingeführt, die mit ihren langen Lanzen, oder Piken, wendiger waren. Diese drehten dann teilweise den Spieß ihrer Gegner um und erstachen den damit Waffenlosen. Dieser war dann durchaus pikiert!
In einer Schlacht war der Ritter, oft Adelige, darauf angewiesen, dass ihm ein Knecht oder Knappe im Kampf den Rücken frei hielt. Der Knappe sollte Waffen gegebenenfalls austauschen, die Wunden des Ritters versorgen oder selbigen im Kampf mit verteidigen. War der Knappe jedoch feige oder schlicht unfähig, ließ er seinen Ritter gegen die Piken der Pikeniere im Stich. Daher auch der Begriff des stichhaltigen Arguments oder des Stechens bei gleichwertigem Ergebnis zweier Gegner, wobei der eine dann den anderen aussticht.
Wendungen zu Bogenschützen: Victory-Zeichen und Zauberei aus dem Hut!
Die zwei in Siegespose erhobenen Finger, die ein „V“ formen, gehen nicht wirklich auf den Anfangsbuchstaben des Wortes „Victory“ zurück. Vielmehr zeigten damit die Bogenschützen ihre erfolgreichsten Finger, nach gewonnener Schlacht. Der Langbogen war vor dem 14. Jahrhundert eine der stärksten Waffen, da die Ladung einer Armbrust (mit besserer Durchschlagskraft, Genauigkeit und Reichweite) dennoch zu lange dauerte. Die sogenannten „Schützenfinger„, nämlich Zeige- und Mittelfinger waren also das Markenzeichen der Langbogenschützen, die ihr Zeichen nach gewonnener Schlacht dem jubelnden Volk zeigten. Grausamerweise waren genau dies auch die Finger, die den Bogenschützen in Gefangenschaft abgetrennt wurden…
Also zauberte man etwas aus dem Hut!
Oder man kennt die Wendung als „etwas aus dem Hut ziehen„, was tatsächlich nichts mit Kaninchen und Zylindern zu tun hat! Denn vorgenannte Bogenschützen hatten oft unter ihren Helmen Ersatzsehnen für ihre Bögen. Rissen die Bogensehnen im Kampf, konnte der Bogenschütze sich den Ersatz aus dem Hut ziehen. Zauberei!! 😉
Auf zu Wendungen und Redensarten über Ritter…
Wer das Tjosten nicht kennt, dem geben wir jetzt eine ganz kurze Einführung:
- Tjosten, auch Tjost, Tjostieren oder Lanzenstechen findet mit Lanze und zu Pferde statt, meist in Form eines Turniers
- Die Ritter tragen eine Rüstung und Schilde mit Insignien
- Es wird (manchmal entlang eines Balkens) aufeinander zugeritten
- dabei wird versucht, den Anderen vom Pferd oder aus dem „Spielfeld“ zu stoßen, oder bestimmte Punkte zu treffen
- der Gewinner nimmt dem Verlierer alles ab: Pferd, Rüstung, Würde… The Winner takes it all!
- so verdiente sich so mancher Ritter seinen Lebensunterhalt und wurde teilweise damit auch steinreich
Nun zu den davon abgeleiteten Sprichwörtern:
Die Ritter führten etwas im Schilde….
…denn ohne ihre Insignia auf selbigen Schilden, konnte man die Turnierteilnehmer gar nicht auseinander halten. Alle in (meist schwarzen) Rüstungen, der Helm mit herunter gelassenem Visier, war kaum zu unterscheiden, wer wer war. Also konnte ein Ritter auf seinem Schild Farbe bekennen oder auch Flagge zeigen, um sich von der Masse abzuheben. Obwohl letzterer Begriff wahrscheinlich eher aus der Seefahrt entlehnt ist.
Heute führen wir wohl eher nur unseren Landkreis im Schilde, wenn wir ein Auto zulassen und das Kennzeichen darüber Auskunft gibt.
Davon lassen wir uns jetzt nicht aus der Bahn werfen – Wendungen zum Tjost!
Wie vorgenannt ist das Ziel des Tjost, den Gegner aus dem Sattel zu heben, da dies die höchste Punktzahl und wahrscheinlich auch den Sieg mit sich bringt. Schaffte man es, den Gegner komplett aus dem Turnierbereich, also aus der Bahn zu werfen, hatte man ziemlich sicher gewonnen. Denn dieser Kampfplatz durfte aus Regelgründen während des Tjost nicht verlassen werden. Wie schon erwähnt, lohnte sich ein Sieg im Tjost enorm, da der Sieger dem Verlierer danach Pferd, Rüstung und Waffen abnehmen durfte.
Das wars fürs erste wieder zum Thema Wendungen und Redensarten aus dem Mittelalter! Lest weiter:
Denn wir zeigen euch, wie man vom Leder zieht, warum man von Schlitzohren spricht, wie sich das Blatt wendet und wieso man Süßholz raspelt. Außerdem erzählen wir euch von gebratenen Störchen, Eselsbrücken und bockigen Gärtnern. Es hat auf jeden Fall Hand und Fuß – es sei denn, wir reden über Meerjungfrauen 🧜♀️! Dann sagen wir es euch eben durch die Blume. Legt euch schonmal was auf die hohe Kante. Weitere Artikel über Sprüche und Sprichworte findet ihr unter TRENDS!
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